Statt die ersten wärmeren Tage des Jahres zu genießen und euphorisch auf das selbst ausgerufene „Jahr der Entscheidung“ zu blicken, hängen Deutschlands Patrioten derzeit in einem Stimmungsloch. „Depri-Stimmung“ hat sich breitgemacht. Wo liegen die Ursachen dafür und wie kommen wir da raus?
Die AfD ist in den aktuellen Wahlumfragen auf acht bis elf Prozent abgesackt. Die einen sagen, Höcke sei schuld daran. Die anderen verweisen auf die Uneinigkeit der gesamten Parteispitze. Hinzu kommt ein Hype um den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz, den in dieser Tragweite niemand vorhergesehen hat. Dieser Hype belegt vor allem zwei unangenehme Wahrheiten:
- Die Medien und vermutlich auch die Wähler sind leicht verführbar und lassen sich nicht von Fakten beeindrucken, weil sie diese entweder unterdrücken (Medien) oder gar nicht kennen (Wähler).
- Der ehemalige EU-Bürokrat und Gesinnungsethiker Martin Schulz war in den vergangenen Jahren alles, nur eben kein Robin Hood, als der er jetzt inszeniert wird. Noch deutlicher ausgedrückt: Er gehörte bisher zu den größten Schmarotzern im europäischen Politikbetrieb. Dennoch hat die SPD strategisch klug gehandelt, indem sie sich jetzt voll auf „soziale Gerechtigkeit“ als ihre Kernkompetenz konzentriert. Dies setzt nicht nur die CDU unter Druck, die mit planlosen Wahlgeschenken für Konservative, Familien und allerlei Randgruppen antwortet, sondern vor allem die AfD, bei der viele Funktionäre noch immer denken, es reiche für eine neue Volkspartei aus, die Themen Asyl, Islam und Euro zu bespielen.
Als weiteres Problem stellt sich immer mehr die Wahl Donald Trumps in den USA heraus. Es geht dabei gar nicht darum, ob seine bisherige Politik als gut oder schlecht einzuschätzen ist. Da er nicht auf Knopfdruck liefern kann und dies in Deutschland von den Medien genüßlich ausgebreitet wird, verlieren viele Wähler den Glauben an die Möglichkeit einer größeren Wende. Wenn es Trump als mächtigster Mann der Welt schon nicht schafft, wie soll dann die AfD etwas erreichen?
Für die AfD wäre Hillary Clinton strategisch besser gewesen
Diese Frage könnte viele Wähler davon abhalten, überhaupt den beschwerlichen Weg in Richtung Wahlkabine anzutreten. Hätte Hillary Clinton dagegen die US-Präsidentschaftswahl gewonnen, wäre es für die AfD leichter, ihre Anti-Establishment-Position zu untermauern. So aber wie es jetzt ist, werden sich viele Nichtwähler in der Ahnung bestätigt fühlen, daß die eine Seite genauso schlecht ist wie die andere.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die AfD und mit ihr das gesamte patriotische Spektrum stehen einigen dieser Faktoren vollkommen machtlos gegenüber. Die politische Großwetterlage ist so hinzunehmen, wie sie nun einmal ist, und die Demokratie wurde auf dem rutschigen Sand der öffentlichen Meinung errichtet. Es geht in ihr leider nicht darum, Recht zu haben, sondern Stimmungen in Mandate umzumünzen.
Wann übertreibt es Martin Schulz?
Ein Linkspopulist wie Martin Schulz weiß das natürlich. Frauke Petry vermutlich ebenfalls. Für einen erfolgreichen Wahlkampf braucht man einen Markenkern mit starker Kontur und Führungspersönlichkeiten, die ihn verkörpern. Dieses Politikmarketing ist unentbehrlich, allerdings auch verbunden mit einigen Tücken. Wer den ganzen Tag nur auf seine Umfragewerte schaut, der neigt in erfolgreichen Tagen dazu, es mit seiner Masche zu übertreiben. Auf Schulz bezogen: Um so mehr er verspricht, desto unglaubwürdiger wird er. Die Forderung, Arbeitslosengeld I vier Jahre lang zu zahlen, geht bereits bedenklich in diese Richtung. Mit zunehmender Wahlkampfdauer droht Sankt Martin deshalb als heuchlerischer, hypermoralischer Hochstapler aufzufliegen.
Als es für die AfD in den Umfragen immer nur bergauf ging, tappte sie in die gleiche Falle: Funktionäre gleichermaßen wie Teile der Basis glaubten, es reiche aus, den einmal eingeschlagenen Weg einfach so weiterzuverfolgen, ohne sich selbst weiterentwickeln zu müssen. Auf Facebook jeden Tag den „Einzelfall“ des Tages über Ausländergewalt in Deutschland posten, noch mehr Tabus brechen und sich der „ganzen Wahrheit“ immer mehr annähern, dachte sich der rechte Parteiflügel. Währenddessen glaubte der liberal-konservative Flügel, es sei die richtige Strategie, die Mitte Stück für Stück zu erobern. Beiden Absichten sind für eine erfolgsorientierte, patriotische Partei aber Grenzen gesetzt, die nach beiden Seiten überschritten wurden.
Die Abhängigkeit von Umfragen schadet dem Profil
Was passiert nun, wenn es plötzlich in den Umfragen nach unten geht? Dann wird krampfhaft nach einem Schuldigen gesucht. Schulz hat es dabei etwas leichter als die AfD, weil der Schuldige schon jetzt feststeht. Es ist Altkanzler Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010. Sollten die von Schulz in die Öffentlichkeit hinausgepusteten Seifenblasen also zerplatzen, wird er trotzdem weich landen und wäre mit seinem Linkspopulismus als Oppositionsführer bestens geeignet. Nur als Juniorpartner in einer großen Koalition stünde seine Entzauberung unaufhaltsam an.
Für die AfD dagegen kam der Schuß vor den Bug hoffentlich zeitig genug. Mit Selbstzerfleischung wird weder der rechte noch der liberale Parteiflügel die eigenen Ziele erreichen. Innerparteiliche Einigkeit ist die Grundvoraussetzung für den Einzug in den Bundestag. Alle Parteimitglieder und Sympathisanten müssen bis September mit strahlenden Augen die etablierten Parteien zerlegen und ihre volksverachtende Lügenpolitik entlarven.
Der Plan von Merkel
Darüber hinaus muß jedoch auch ein demütiger Lernprozeß einsetzen, was alles noch zu tun ist und wie sich die AfD von den etablierten Parteien langfristig unterscheiden sollte. Was heißt das? Insbesondere, daß die eigenen Positionen und der historische Auftrag wichtiger sind als Umfragewerte und Einzelpersonen.
Der Plan von Angela Merkel dürfte es übrigens sein, am Ende die lachende Dritte zu sein. Sie will den Eindruck erwecken, daß sie über den Dingen steht, setzt deshalb auf Fehlervermeidung statt Zuspitzung und macht somit ihre Arroganz zu ihrer letzten Waffe. Sollten sich sowohl die AfD als auch der SPD-Messias Martin Schulz verheben, dürfte ihr mit dieser Strategie die Macht kaum zu nehmen sein. Das Spannende am Bundestagswahlkampf 2017 wird also sein, wem es am besten gelingt, mit einem gemäßigten und damit glaubwürdigen Populismus beim Volk zu punkten.
(Bilder: Martin Schulz – SPÖ Presse und Kommunikation, flickr, CC BY-SA 2.0 / Frauke Petry – Metropolico.org, flickr, CC BY-SA 2.0)
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3 Kommentare zu “Die Tücken des Politikmarketings”